In einem offenen Brief, der unter anderem auch an Ministerpräsident Weil gerichtet war, forderten wir als Angehörigeninitiative und Betroffene am 12.11.2024 ein unbefristetes Bleiberecht für die von Abschiebung bedrohten kolumbianischen Arbeits- und Pflegekräfte von Haus Wilstedt. Über die gemeinnützige Plattform innn.it starteten wir außerdem eine Petition. Nun haben wir Herrn Ministerpräsident Weil, Frau Ministerin Behrens und Herrn Minister Dr. Philippi zu einem Ortstermin ins Haus Wilstedt eingeladen, um die inzwischen fast 49.000 Petitionsunterschriften zu übergeben.
Der Fall drängt: Der Schwebezustand ängstigt die betroffenen Pflegekräfte und bringt Unruhe in den Tagesablauf der schwer demenzkranken Menschen, die in Haus Wilstedt leben. Bisher gab es weder von Ministerpräsident Weil noch von einer der anderen angeschriebene Politikerinnen und Politikern eine befriedigende Antwort – weder auf der Ebene der Bundesregierung noch von der Landespolitik oder dem Bürgermeister der Gemeinde.
Beim geplanten Ortstermin können die Landespolitiker und -politikerin sich überzeugen, wie gut die Pflegekräfte in Haus Wilstedt integriert sind und wie liebevoll ihr Umgang mit den Bewohnerinnen und Bewohnern ist. Viele von ihnen haben keine Angehörigen mehr, die Belegschaft von Haus Wilstedt ist die einzige Familie, die ihnen bleibt.
Die einzige Rückmeldung, die wir bisher auf unseren offenen Brief erhalten haben? Das war eine weitergeleitete Mail von Sprecher Sebastian Schumacher, SPD-Landesverband Niedersachsen, mit ergänzenden Informationen zur Landespressekonferenz aus dem Arbeits- und Sozialressort an seine Kolleginnen und Kollegen. Als Angehörige belastet es mich sehr, nicht zu wissen, wie es mit meiner schwer demenzkranken Mutter weitergeht. Der SPD-Landesverband schickt mir Zahlen und Statistiken für sein eigenes Team. Das kommt mir absurd vor.
Das Social-Media-Team von Ministerpräsident Weil erklärt indes auf Anfragen einzelner Userinnen und User, dass in „dieser Woche“ keine Abschiebungen geplant seien. Die Betroffenen haben damit jedoch keinerlei Sicherheit. Der Bescheid lautet nicht: „Abschiebungen ausgeschlossen“ oder „ausgesetzt“. Nach unserem Kenntnisstand kann es jederzeit so weit sein. Wir müssen weiterhin davon ausgehen, dass Abschiebungen drohen.
Leider spricht man wieder nur über die Betroffenen, aber nicht mit ihnen. Das ist auch einer der Gründe, warum wir nun zum Ortstermin eingeladen haben.
Falls diese Einladung nicht angenommen wird, bleibt nur die Möglichkeit, uns weiter an die Öffentlichkeit zu wenden. Wir sind vom Angehörigenkreis dazu mit der Presse in Kontakt, die die Relevanz dieses Falles regional und überregional sehr deutlich erkennt.
Nach wie vor bin ich der festen Überzeugung: Asyl ist ein Menschenrecht. Niemand muss nützlich sein oder etwas leisten, um es zu erhalten. Es fällt jedoch auf, wie stark sich gerade in diesem Fall die aktuelle Fachkräfteeinwanderungsstrategie, der Pflegenotstand und solche Ausweisungen widersprechen. Und, wie die Heimbetreiberin Frau Wohlmacher in einigen Fernsehbeiträgen bereits erwähnt hat: Wir haben nicht nur einen Fachkräftemangel, sondern auch einen Arbeitskräftemangel. Aus diesem Grund ist es uns auch wichtig, das zu würdigen, was die kolumbianischen Mitarbeitenden jeden Tag in ihrem anspruchsvollen Job leisten. Wir als Angehörige sind ihnen sehr dankbar, dass sie sich so liebevoll und umsichtig um unsere Eltern, Großeltern und Ehepartner kümmern.
Dieser Fall geht auf allen Ebenen und für alle Betroffenen gegen die Menschenwürde: die der Menschen, denen in ihrem Herkunftsland – so die beglaubigten Berichte im Asylverfahren – nachweislich Gewalt und Tod drohen. Die der Bewohnerinnen und Bewohner des Heims, unter anderem also meiner Mutter, die als schwer demenzkranke Menschen auf ein sicheres Umfeld dringend angewiesen sind. Und es geht auch noch – das sei denjenigen, die sich stets für die Förderung des Mittelstands aussprechen, gesagt – um die wirtschaftliche Existenz der Heimbetreiber. Aus meiner Sicht müsste das mindestens die Lokalpolitiker interessieren. Förderung von Betrieben vor Ort, Punkte sammeln, für die Menschen da sein.
Aber mir liegt nach den vergangenen Tagen noch etwas am Herzen: Euch zu schreiben, wie überwältigt und berührt ich von der großen Welle an Mitgefühl und Support bin – von denjenigen, die unsere Petition unterzeichnet haben und sie weiter teilen. Danke vielmals, denn ohne euch hätten wir vielleicht schon aufgegeben.
Noch habe ich Hoffnung, dass es für alle Betroffenen eine sichere Zukunft geben kann.
Wir als Angehörigeninitiative bleiben dran!
0 Kommentare